Schon zum dritten Mal lud die Evangelische Kirchengemeinde Kobe-Osaka im September zu ihrer Familienfreizeit auf der malerischen Insel Ieshima in der japanischen Inlandsee. Der Einladung folgten diesmal 30 Teilnehmer, eine wunderbar bunte deutsch-japanisch-italienisch-iranische Mischung, mehr oder weniger geeint durch die gemeinsame deutsche Sprache. Viele waren schon zum wiederholten Mal dabei, doch konnten wir auch einige neue Gesichter, diesmal sogar aus Kanagawa, begrüßen.
Bei strahlendem Spätsommerwetter landeten wir am späten Vormittag auf der Insel, wo wir uns bei einem ersten Kennenlernspiel aufwärmten. Danach waren die Kinder nicht länger zu halten und sprangen in die Fluten (erfreulicherweise dieses Jahr ohne Quallen!). Einige bastelten danach Gipsmasken, sammelten Muscheln oder Holz fürs Lagerfeuer oder entspannten sich bei hausgemachtem Kuchen (Danke, Myriam!) und Kaffee.
Esstisch
Das Abendessen nahmen wir gemeinsam in der Cafeteria ein. Diesmal hatten wir in unserer Gruppe einen Moslem und zwei Vegetarier mit dabei, die das Küchenpersonal von Ieshima vor ungeheure Herausforderungen stellte! Doch schließlich bekamen alle ihr Essen, das wie immer gut und reichhaltig war.
Apropos Essen: Um die Teilnehmer in diesem Jahr zu „motivieren“, pünktlich zum Essen zu erscheinen, verfielen die Organisatorinnen auf eine perfide Lösung: Wer mehr als fünf Minuten zu spät kommt, musste ein Lied oder ein Gedicht vortragen. Diese drakonische Maßnahme zeigte umgehend ihre Wirkung. Kurz vor den Essenszeiten brach hektische Geschäftigkeit aus und man hörte immer wieder Wortfetzen wie „…ich geh schon mal vor, sonst muss ich singen“.
Nach dem Abendessen versammelten wir uns um das Lagerfeuer, sangen Lieder und spielten das „Zipp-Zapp-Spiel“, bei dem es darauf ankam, alle Teilnehmer mit Namen benennen zu können.
Der zweite Tag startete mit einer Gesprächsrunde zum Thema „Heimat“. Die Teilnehmer sollten aufschreiben, was sie mit dem Begriff „Heimat“ verbinden. Dabei kamen die verschiedensten Antworten aus den Begriffsfeldern „Ort“, „Gemeinschaft“, „Gefühl“ und „Gott“ zusammen, welche die Komplexität des Heimatbegriffs im Zeitalter der Globalisierung sehr schön verdeutlichten. Nach dieser besinnlichen Einstimmung ging es dann auf Kanufahrt! Juchhu. Schon bald steuerten wir in sieben Viererkanus die kleine Felseninsel vor der Bucht an, wo so manch einer gleich wieder ein Bad im glasklaren Meer suchte.
Am Nachmittag wurden aus selbst gesammelten Muscheln Mobiles und Bilderrahmen gebastelt und Gipsmasken bemalt. Dabei entstand das eine oder andere Kunstwerk!
Als Highlight gab es am Abend eine Nachtwanderung, die uns unter funkelndem Sternenhimmel von der Bucht bis auf den Berggrat führte. Für einige Teilnehmer war es die erste Wanderung im Stockdunkeln (Taschenlampe blieben ausgeschaltet!), was für die Größeren eine romantische, für die Jüngeren eine abenteuerliche Erfahrung war. Unterwegs erzählten die Betreuer Peyman und Kai den jüngeren Kindern Gruselgeschichten. Im Hellen für jedes Abenteuer und Schabernack zu haben, schmiegten sich die Jungs dabei ganz eng an die Betreuer, aus Angst vor den unheimlichen Wesen, die hinter der nächsten Kiefer lauern könnten.
Nachdem wir wieder glücklich bei den Hüten angekommen waren und die Kinder ins Bett gegangen waren, ließen die Erwachsenen den Abend noch bei Rotwein und Chips ausklingen. Unvergesslich: Der Anblick von drei „Auslandsdeutschen“, die sich in einer Hüttenecke zu einer glückseligen Skatrunde zusammengefunden hatten.
Am dritten und letzten Tag stand am Vormittag Kajakfahren auf dem Programm. Die verbleibende Zeit bis zur Abreise nutzten viele noch für ein letztes Bad im Meer.
Die Bilanz nach den drei Tagen war durchweg sehr positiv, sowohl bei Teilnehmern als auch Organisatoren. Aus den einzelnen Kleingruppen und Familien ist in der kurzen Zeit eine Gemeinschaft erwachsen, die sich für viele beim Abschied wie eine große Familie anfühlte, wovon die Kinder und Jugendlichen ebenso wie die Erwachsenen vielleicht noch lange zehren. Dabei hat jeder ein Stück zum Gelingen der Familienfreizeit beigetragen: Groß und Klein haben ihre kleinen Aufgaben (Tischvorbereitung, Mithilfe beim Basteln usw.) verantwortungsvoll wahrgenommen und viele haben sich ganz spontan eingebracht. Besser kann Gemeinschaft nicht sein!
Wir freuen uns auf das nächste Jahr!
P.S.: Zur allgemeinen Freude gab es doch auch mal Zuspätkommer, die sich mit dem Lied „Country Road“ in unsere Herzen gesungen haben.
Ein Kommentar:
Die gemeinschaftlichen Tage auf Ieshima waren geprägt von einer spontanen Aufgeschlossenheit aller Teilnehmer. Die ersten Gespräche fanden schon auf der Fähre statt und setzten sich in ungezwungener Weise in der Natur fort. Auch die Kinder waren gegenseitig offen und aufnahmebereit, auch uns Neulingen gegenüber. Ein reger Wechsel und gemeinsame Unternehmungen vermittelten erstaunlich schnell ein nahezu familiäres Gefühl. Gegenseitiger Respekt, gegenseitiges Interesse, gegenseitiger Freiraum schufen eine friedliche und weiche, Atmosphäre. Gemeinsam zu singen, zu rudern, zu laufen, zu essen, zu staunen und zu lachen, war eine ungemein herzensstärkende Erfahrung für uns.
(Bilder: privat)