Wieder einmal durften wir, meine Frau und ich, Ostern würdig und unvergesslich erleben: unser Gottesdienst wurde zwar von Terror verschont, aber auf der Rückfahrt nach Sannomiya geschah dann doch das unerklärliche Busunglück, gerade dort, wo ich kurz vor der Unfallzeit in der Nähe meine beiden Fahrgäste absetzte. Und da fragt man sich wieder: wer hat da Glück und wer nicht. Oder gibt es überhaupt ein Glück? Sind wir nicht nur ein Spielball einer über uns stehenden Macht?
Dieser Schatten verdeckte aber nicht das Licht und die Milde der Osterstimmung der EKK. Auf der steilen Hinfahrt zur Kirche trafen wir auf Herrn Negi, der gerade kritisch die Außenfassade der Kirche prüfte: "Diese Kirche ist schon 25 Jahre alt! Es gibt schon die ersten Risse!" erklärte er eifrigst. Aha, langsam gilt es auch an die Unterhaltungskosten zu denken, verstand ich.
Eine fast vollbesetzte Kirche versammelte sich diesmal zu Ostern im Kirchenraum, viele neue freundliche Gesichter. Aber auch ein liebes Gesicht aus uralten Zeiten, Frau Margrit Hasegawa (siehe Bild) aus der Schweiz besuchte uns wieder. Sie war lange Vorstandsmitglied und ihr Sohn wurde gleichzeitig konfirmiert mit unserem Sohn, zwei in Kobe geborene Schweizer-Japaner.
Der Ostergottesdienst wurde eröffnet zu den Klängen eines längeren Orgelwerkes von Johann Sebastian Bach. Endlich mal in einem Tempo, das ich kenne aus Mitteleuropa vor 60 Jahren - als Veteran-Musiker darf ich mir dies vielleicht erlauben, zu sagen - ohne Hetze, Hysterie, dafür ein weihevolles und das Gemüt bewegendes, die Essenz der Musik vermittelndes Spiel: vielen Dank an unsere so begabte Organisten, Frau Nami Uchiyama. Die Bibel-Lesung war in schönem, absolut verständlichem Deutsch von Frau Pfarrer Rusterholz gehalten, bravo! Die Predigt selbst von Herrn Pfarrer Rusterholz liess wieder seine langjähriges, tiefes, der Historie in allen Sparten bewandertes Studium durchblicken. Würde die technisch überaktive Akustik nicht immer stören, man würde gerne den ganzen Tag mehr von seinem grossen Wissen hören. Dann sprang die Türe auf und die letzten Plätze im Kirchenraum wurden von einer grossen lauten Kinderschar geradezu überspült. Es war eine Freude der endlos langen kreisförmigen Schlange der Gemeinde während dem Abendmahl zuzusehen. Herr Pfarrer hatte schon etwas Angst, dass das Brot und der Wein nicht reichen könnte….In schwungvollen kurzen Tönen beschloss unsere Organistin die so wohlgelungene Andacht.
Beim anschliessenden Treffen in der Lounge nahm das fast überfüllte Buffet, dank den vielen Mitbringsel der Mitglieder, auch aus der Schweiz und besonders den vielen Gourmet-Mitbringsel aus der Küche vom Swissotel Nankai Osaka, vertreten durch seinen Generalmanager Herrn Bernd Schneider, die volle Aufmerksamkeit ein. Mehr Gäste, mehr Teller und Gläser kann die Lounge kaum mehr aufnehmen!!! Auch hier zeigte sich wieder einmal deutlich, dass wir auf unsere Kirche eben nie verzichten können: wo findet man sonst heute noch in unserem digitalen Zeitalter, wo das Menschengesicht kaum mehr von seiner elektrischen Bildplatte wegschaut, ein gesellschaftliches warmherziges Treffen? So richtig von Mensch zu Mensch. Ist es nicht das, was die wahre Kirche uns geben möchte???
Richard und Eiko Frank
Bilder: privat