Vier Mitglieder unserer Kirche besuchten vom 28.9. bis 30.9. Morioka, Kamaishi und Otsuchi in Iwate, Tohoku. In Morioka hatten wir die Möglichkeit mit alleinerziehenden Müttern zu sprechen.
Nach einer kurzen Einführung über Deutschland spielten drei unserer Mitglieder deutsche Spiele mit den Kindern zwischen 3 und 19 Jahren und beschäftigten sich mit ihnen im hinteren Teil des großen Raumes.
Uns EKK Mitgliedern fiel das tiefe Leid und die Reserviertheit der Müttern und Kindern auf, die häufig auch Opfer häuslicher Gewalt waren. Die Kinder tauten bei deutschem Kuchen und lebhaften Spielen wie Topfschlagen und Blinde Kuh aber bald auf.
Die Erwachsenen erfuhren währenddessen etwas über die rechtliche und gesellschaftliche Situation von Alleinerziehenden und Patchwork-Familien in Deutschland, was in eine rege Diskussion mündete, die von einem NHK-Team gefilmt wurde.
Am nächsten Tag ging es nach stundenlanger Fahrt durch herrliche wenig bewohnte bewaldete Berge an die Küste. Wir kamen plötzlich in die nahezu verlassene verwüstete Küstengegend in ein provisorisches Geschäftsviertel, was aus ein paar Baracken in der ehemaligen Industriestadt Kamaishi errichtet wurde. Dort aßen wir leckere Fischgerichte zu Mittag. Wir erfuhren aber, dass die Wirtsleute die Baracke im Frühjahr vermutlich räumen müssen, weil sie nicht in der Lage sind, die anfallende Miete zu zahlen.
Nach dem Mittagessen sprach uns ein 82 jähriger Mann auf fließendem Deutsch an und sang uns „ Muss i denn ... “ vor. Er verlor seinen Importwarenladen in den Fluten und musste wieder von vorne beginnen. Wir besuchten seinen kleinen Laden und staunten über das gute Angebot preiswerter deutscher Waren von Weinen, Gebäck und anderen Sachen wie Böklunder Würste und Sauerkraut usw. Er erzählte uns auch, dass die Bombardierung der Küste durch die Amerikaner im 2. Weltkrieg mit den vielen Bränden noch schlimmer in seiner Erinnerung haftete als die Flutwelle.
Dann ging es weiter nach Otsuchi, einer Ortschaft, die auch größtenteils von der Tsunami zerstört wurde.
Wir fuhren zum neu errichteten Einkaufszentrum, wo sich alle Geschäfte, Arztpraxen usw konzentrieren. Rundherum sah man keine Wohnhäuser, weil alle Leute noch in Behelfswohnungen an höher gelegenen Orten untergebracht sind. Nur wer ein Auto hat, kann das Zentrum erreichen.
Dort fand am Sonntagnachmittag das „Inclu Cafe“ mit verschiedenen Volontärgruppen statt, um alleinerziehende Väter, Mütter, Großeltern und andere mit Handmassage und deutschem Kuchen zu verwöhnen.
Die Kinder wurden von Helfern motiviert, mit den vielen kleinen duftenden Holzklötzen etwas zu bauen. Da auch hier alle sehr verschlossen waren, kam man nicht leicht mit ihnen ins Gespräch. Jedoch die Massage und selbstgebackene Kuchen wirkten Wunder.
Nach fast drei Jahren nach dem Erdbeben und der Flutwelle ist die Trauer noch tief in den Herzen zu erkennen. Viele verloren ihren Besitz und Angehörige, wie auch ein Herr, der heute im Einkaufszentrum ein Büro für die Stadtplanung und den Wiederaufbau von Otsuchi vertritt. Er erklärte aber, dass mit dem Wiederaufbau nicht begonnen werden könne, solange die Küstenbefestigung mit der geplanten 14 m hohen Mauer und eine Aufschüttung des Ortes um 2 Meter nicht erfolgte. Denn jederzeit ist wieder mit Überschwemmungen in den tief liegendem Gebiet zu rechnen. Trotzdem versuchen die Bewohner wieder auf die Beine zu kommen, wie er sagte, bildeten auch viele Selbsthilfegruppen, um einander zu helfen und nicht allein zu sein.
Alle EKK- und Incl Iwate Mitglieder besuchten danach noch das Katastrophen-Forschungszentrum in Kamaishi, das nun ein Ort des Gebetes ist. Allein mehr als 200 Menschen flüchteten dort in den Versammlungssaal, wo alle ihr Leben verloren, weil die Welle beide Etagen des Hauses einnahm. Ein sehr trauriger Ort. Inzwischen wurde beschlossen, diese Ruine abzureißen und man baute schon eine kleine Gedenkstätte daneben. Betroffen, bewegt und traurig ging es danach wieder ins Landesinnere.
Auf der Rückreise konnten wir wieder sehen, wie herrlich die Landschaft dort eigentlich ist. Aber viele Orte, die früher vom Tourismus lebten, sind heute wie ausgestorben. Es wäre zu empfehlen, diese Gegend zu besuchen und auch auf diese Weise mit den Leuten ins Gespräch zu kommen und ihnen zu helfen.
Unsere Gelder zur Selbsthilfe trugen Früchte. Die Menschen beginnen sich langsam selber zu organisieren und doch wird weiterhin noch sehr viel Hilfe von außen nötig sein. Besonders, wenn 3 Jahre nach der Katastrophe, 2014, viele Gelder und Unterstützungen gestrichen werden.