Die Losung für das Jahr 2025 steht im 1. Brief an die Thessalonicher und heißt: „Prüft alles und behaltet das Gute!“ (1. Thess 5,21). Sie wurde von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen aus den Vorschlägen der Mitglieder ausgewählt.
Eigentlich bedeutet Losung aber etwas anderes. Nicht der Mensch wählt aus, sondern der Zufall. Die Herrnhuter Brüder-gemeinde lost auf diese Weise seit dem 18. Jahrhundert für jeden Tag des Jahres einen alttestament-lichen Vers aus. Hier leitet nicht der Zufall die Hand des Auslosenden, sondern Gott. Wie dem auch sei, diese Verse sollen dem Tag ein Thema geben und andeuten, was man sich zum Ziel nehmen kann. Sie sollen den Blick auf ein bestimmtes Thema lenken und zum Nachdenken darüber anregen.
Die Jahreslosung widerspiegelt daher eher die Ängste und Sorgen der Menschen. Wir wissen nicht, was sonst noch vorgeschlagen worden war, aber offensichtlich hat diese Arbeitsgemeinschaft gerade diesen Vers für gut befunden. Vielleicht hatte sie das Gefühl, dass zu wenig geprüft wird, und daher vieles behalten wird, was nicht gut ist.
Paulus beschließt seinen Brief an die ihm persönlich bekannte Gemeinde in Thessalonich mit einigen Ratschlägen. Er ist besorgt um das Zusammenleben in der Gemeinde. Er fordert sie auf, dem Guten nachzujagen, füreinander und für alle. Er fordert sie auf, sich allezeit zu freuen. Er fordert sie aber auch auf, die zurechtzuweisen, die keine Ordnung halten. Und dann, ganz am Schluss, aber noch vor der Mahnung, das Böse in jeder Gestalt zu meiden, folgt dann die diesjährige Jahreslosung. Sie bezieht sich wohl primär auf das, was in der Gemeinde vor sich geht. Mit dem Guten ist also nicht nur das gemeint, was für jeden Einzelnen bzw. jede Einzelne gut ist, sondern für die Gemeinschaft. Wie wichtig das ist, wird einem bewusst, wenn man an die gegenwärtige politische Situation denkt. Es geht nicht mehr um das Wohl aller, sondern nur noch um das Wohl eines bestimmten Landes. Allerdings ist selbst das eine beschönigende Behauptung, denn nicht das ganze Land wird davon profitieren, sondern nur wenige.
Es ist nicht schlecht, wenn ab und zu etwas, oder sogar alles, auf den Prüfstand kommt. Dabei sollte man sich aber auch fragen, was die Kriterien sind, mit denen geprüft werden soll.
Das nebenstehende Bild hat ein Künstler gestaltet. Es zeigt ein Sieb, in dem das Gute hängen bleibt und das Schlechte nach unten fällt. Das ist einleuchtend. Die Frage nach den Kriterien bleibt aber unbeantwortet. Mit welchem Sieb, mit welchen Kriterien sieben Sie? Wie bereits erwähnt, für Paulus steht die an Gott ausgerichtete Gemeinschaft im Vordergrund.
Andreas Rusterholz